Heimkino: „Life of Pi 3D“ (2012)

7 Mai

Das Buch habe ich vor ein paar Jahren gelesen, es war … „mal was anderes“, wie’s so schön heißt. Nun also auf der großen Leinwand, mit ein paar Oscars dekoriert und ohne große weitere Vorrede: Gestern und heute (wegen der Überlänge) gab’s

„Life of Pi 3D“ (2012)

http://www.imdb.com/title/tt0454876/

bzw. „Schiffbruch mit Tiger“, wie der Roman und der deutsche Untertitel heißen.

Interessant, auf alle Fälle visuell imposant, relativ nahe an der Buchvorlage (ein paar Dinge wurden weggelassen, aber die „alternative Version“ der zweiten Erzählung ist noch mit enthalten). Regisseur Ang Lee (u.a. „Hulk“; die erste Filmversion, welche anscheinend außer mir keiner mag?) lebt sein Faible für interessante Szenen-Überblendungen aus, und das Effekte-Team insgesamt hat ganze Arbeit geleistet. Auf der 3D-Disk sind zwei Gegenüberstellungen der Produktionsphasen zu sehen, einmal wie der riesige Wassertank (s.o., das „Schiffbruch“ ist nicht metaphorisch) aufgebaut wird und in der zweiten viertelstündigen Featurette kann man sehen, wie viel (oder wenig) dessen, was man auf dem Bildschirm sah, wirklich dort war, wenn im Wechsel von Rohmaterial, Animation, Vorentwurf und Endergebnis mal wieder Kino-Magie gezeigt wird. Teilweise sind nicht unbedingt die Elemente künstlich, von denen ich es erwartet hätte.

Obwohl der Film recht gut abgeräumt hat, was Auszeichnungen angeht (und mit weltweiten Einspiel-Ergebnissen von über 600 Millionen vs. ein Budget von ca. 120 Millionen), hat das Effekte-Studio Rhythm&Hues die Produktion nicht gut überstanden und im Februar 2013 Konkurs angemeldet (und eine Menge Zulieferer im Regen stehen lassen). Es gab ein paar Hunderte Protestierer bei der Oscar-Verleihung, die die schlechte Bezahlung der Leute anprangerten, die sich für die großen Kino-Effekte Wochen und Monate vor den Bildschirmen kauern und dafür sorgen, dass nicht ein Inder im Schwimmbad zu sehen ist, sondern Sturm, Wellen und Zebras. Ja, das macht im Kontext durchaus Sinn.

Der erwähnte Tiger ist eine der beeindruckendsten Kreationen aus Pixeln und Polygonen, und ein technisches Kabinettstück des Machbaren. Wer sich für die Historie und Evolution der digitalen Komparsen interessiert, kann (soweit noch verfügbar) dieses Schnippelchen Dokumentation auf der Website von It’s Art Magazine gerne noch dazu nehmen.

Ich fand den Film überwiegend interessant, optisch mindestens in 2D beeindruckend, und vom 3D her merkwürdig durchwachsen. Die Kamerafahrt in die Tiefen des Meeres war spektakulär, angemessen phantastisch und „greifbar“. Einige andere Szenen, besonders zu Anfang, wirkten dagegen wie Überbleibsel aus der ersten Generation künstlicher Film-Vertiefung, merkwürdig scherenschnittartig oder eigentümlich flach. Kann natürlich auch Absicht gewesen sein (Mr. Lee traue ich da einiges zu), aber zumindest meine Erwartung hat’s nicht getroffen. Die Szene der fliegenden Fische wiederum hatte ihren Anteil an Zuck-Momenten, und war auch die einzige im Film, bei der das Original-Breitbild auch auf der Bluray verwendet wurde, damit die schwarzen Querbalken für die Tiefen-Steigerung bereit waren. Davor und danach wurde zur maximalen Flächennutzung wieder links und rechts abgeschnitten, bis 16:9 erreicht war. Hätt’s nicht gebraucht.

Zielgruppe: Leute, die mal wieder eine sauber getrickste Robinsonade mit einem ausgeprägten Vorspann aus Lebensgeschichte, Drama und ruhigen Szenen sehen wollen, und die auch vor Sturmgetöse, großen bunten Bildern, einem Haufen hineingeschuhlöffelter Philosophie, einem wenig glanzvoll gealterten Depardieu in einer Nebenrolle und ausgeprägten Fremdsprachen-Akzenten aus dem Off nicht zurückschrecken.

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